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Nacktes Schreiben In Der Wolke

Nacktes Schreiben In Der Wolke

Als Silvia Hartmann im Herbst 2012 ihr Naked-Writer-Project startete, schrieb der Guardian, die aus Deutschland stammende Autorin setze sich prüfenden Blicken aus, für deren Vermeidung die meisten Schriftsteller bezahlen würden. Silvia Hartmann machte diese Blicke zum Konzept, sie ließ ihre Leser zuschauen, wie sie den Text ihres Romans The Dragon Lords Buchstabe für Buchstabe in einem Dokument tippte, das nicht nur auf ihrem Computer, sondern live im Internet zu sehen war.





„Die älteste Form der menschlichen Kommunikation auf der neusten Plattform“
Silvia Hartmann über nacktes Schreiben

Als Silvia Hartmann im Herbst 2012 ihr Naked-Writer-Project startete, schrieb der Guardian, die aus Deutschland stammende Autorin setze sich prüfenden Blicken aus, für deren Vermeidung die meisten Schriftsteller bezahlen würden. Silvia Hartmann machte diese Blicke zum Konzept, sie ließ ihre Leser zuschauen, wie sie den Text ihres Romans The Dragon Lords Buchstabe für Buchstabe in einem Dokument tippte, das nicht nur auf ihrem Computer, sondern live im Internet zu sehen war.
 

Wie fühlt es sich an, ein nackter Autor (Naked Writer) zu sein?
 

Silvia Hartmann: Entblößt, haha ;-)
 

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, sich zu entblößen und als nackter Autor das eigene Schreiben offenzulegen?
 

Silvia Hartmann: Der Chef meines Verlags DragonRising war auf der Suche nach einer Projektentwicklungssoftware, dabei probierte er auch Google-Docs aus und kam auf die Idee, die Möglichkeiten auch fürs Schreiben zu nutzen. Er forderte mich heraus, auf diese Weise ein fiktionales Buch live online zu schreiben. Ich sagte: Klar, kein Problem.
 

Worin lag der Hauptunterschied zum klassischen Schreiben?
 

Silvia Hartmann: Die Metapher der Nacktheit beschreibt vor allem das Fehlen einer Sicherung durch einen Lektor. Nackt zu schreiben heißt vor allem, dass man den „kreativen Prozess“ eines Autors nicht mehr vor dem Leser verstecken kann. Wenn man dem Leser live jedes Wort zeigt, das man schreibt, gibt es keine Sicherheit, keine Verstecke, keinen Ort zum Unterstellen.
 

Einige Autoren, denen ich von meinem Buch und auch von Ihrem Experiment erzählt habe, zeigten sich sehr skeptisch. Sie mögen die Vorstellung nicht, öffentlich und nackt zu schreiben. Was würden Sie ihnen sagen?
 

Silvia Hartmann: Haha ... vielleicht: Verwirf eine Idee nicht, ohne sie ausprobiert zu haben.
 

Sie haben mit Google-Docs gearbeitet. Wie hat das funktioniert?
 

Silvia Hartmann: Mit einigen Begrenzungen ganz gut. Den Prozess des Live-Schreibens, also die Eingabe Buchstabe für Buchstabe, konnten lediglich fünfzig Nutzer in dem Dokument verfolgen. Die anderen mussten sich in einem anderen Dokument einloggen, das lediglich alle fünf Minuten aktualisiert wurde. Grundsätzlich funktioniert es aber wie ein Word-Dokument, dem rechts eine Spalte mit Kommentaren ergänzt wurde. Da fließen Kommentare ein, die man als Autor verfolgen kann, während man schreibt.
 

Und wie ist das?
 

Silvia Hartmann: Es dauert ein wenig, bis man sich daran gewöhnt hat. In jedem Fall muss man sich ganz schön konzentrieren, um sich davon nicht ständig ablenken zu lassen und stattdessen diszipliniert weiterzuschreiben. Das führte zum Beispiel dazu, dass ich weniger schreiben konnte als ohne Beobachtung. Normalerweise schaffe ich in einem definierten Zeitraum rund 4000 Wörter, unter Beobachtung waren es nur 2000 Wörter in gleicher Zeit.
 

Hatten Sie überlegt, ein Wiki zu nutzen?
 

Silvia Hartmann: Soweit ich das überblicke, gibt es dabei die Funktion des Live-Schreibens nicht, also wirklich das Entstehen des Textes Buchstabe für Buchstabe im Dokument. Und das ist auch der wichtigste Unterschied zu anderen Experimenten, bei denen die Leute erst alleine schreiben und dann ihre Dokumente in einem Forum diskutieren.
 

Wie waren die Reaktionen?
 

Silvia Hartmann: Es gab eine große Debatte über das Projekt, aber die Leser/Teilnehmer haben nicht diskutiert. Sie waren ... beteiligt. Unterstützend und interessiert – eingeklinkt. Üblicherweise gibt es überall im Netz Trolle.1 In meinem Fall gab es in keinem einzigen Moment einen Troll oder trollhaftes Verhalten.
 

Sie haben ein fiktionales Buch auf diese Weise geschrieben, verfassen aber auch nicht-fiktionale Werke. Ist diese Technik dafür auch geeignet?
 

Silvia Hartmann: Ich glaube sogar, es ist bei nicht-fiktionalen Büchern noch einfacher – und eigentlich auch logischer. Wenn Sie ein Mathe-Lehrbuch schreiben, könnten die Schüler Ihnen beim Schreiben sagen, wo sie den Faden verlieren. Das könnte sinnvoll sein ;-)
 

Werden Sie ein vergleichbares Projekt wiederholen?
 

Silvia Hartmann: Das Ganze war ein Versuch. Wir wollten rausfinden, ob es klappt. Es hat Spaß gemacht, und es war interessanter, als wir alle angenommen hatten. Und ja, es kann sehr sinnvoll sein, Leser online zu haben, die Feedback geben, während ein Buch geschrieben wird.
Ich behaupte, dass es in Zukunft ein Grund sein könnte, für ein Buch zu bezahlen: eben um am Entstehungs-prozess teilhaben zu können.
 

Halten Sie das für möglich?
 

Silvia Hartmann: Das kann schon sein. Die Leute, die mir beim Schreiben zugeschaut haben, waren extrem engagiert, sie sagten, dass es ihnen sehr gefallen habe und dass sie den Prozess als hypnotisierend, bezaubernd und faszinierend erlebt haben. Sie haben am Ende das fertige Buch gekauft – mehr als eine Erinnerung an das Erlebnis, wie man ein T-Shirt nach einem Rockkonzert kauft. Und wenn es gelingt, Menschen zu dieser Form der Interaktion zu bekommen, entsteht natürlich eine Raum für neue Modelle. Allerdings muss ich sagen, dass ich mich während des Experiments gar nicht so neu gefühlt habe. Ich fühlte mich eher wie ein klassischer Geschichtenerzähler vor Publikum und nicht wie ein einsamer Autor. Und für mich war das eine sehr spannende, begeisternde Erfahrung. Denn Geschichten-Erzählen ist der Beginn der menschlichen Sprache gewesen. Die älteste Form der menschlichen Kommunikation auf der neusten Plattform – das empfinde ich als cool und als großen Spaß ;-)

 

Aus:

"Eine neue Version ist verfügbar - Update: Wie die Digitalisierung Kunst und Kultur verändert"
Dirk von Gehlen

Dirk von Gehlen leitet bei der Süddeutschen Zeitung die Abteilung „Social Media/Innovations“, Der Diplom-Journalist befasst sich seit Jahren mit der Digitalisierung und deren Folgen für Kultur und Gesellschaft. Er bloggt unter http://digitale-notizen.de 2011 erschien von ihm „Mashup – Lob der Kopie“. Den Nachfolger „Eine neue Version ist verfügbar“ schrieb er in einer Salon-Öffentlichkeit von 350 Lesern, die das Buch vorab finanzierten.


The Making Of The DragonLords: The Naked Writing Project in English

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